Suunto 3 Fitness: Firstbeat Funktionen, erklärt von Firstbeat

Die speziellen Fitness-Funktionen auf der Suunto 3 Fitness – adaptive Trainingsführung, “Ressourcen”- (Stress und Erholungs-)Messung und Schlafqualitäts-Bestimmung – nutzen Technologie von Firstbeat.

Firstbeat ist ziemlich interessant. Äusserst interessant sogar, wenn man sich für Sporttechnologie näher interessiert:

Das Unternehmen ist eine eher kleine finnische Firma, gegründet 2001, mit einer Spezialisierung auf “Herzschlag-Analytik” (wie es die Tagline auf der Homepage sagt). Von dort aber hat sie sich, nach eigener Angabe, zum führenden Anbieter physiologischer Analyse für Sport und Wohlbefinden entwickelt.

Die Technologie ist besonders interessant, verwendet sie doch so etwas (scheinbar) einfaches wie den Herzschlag, um so einiges an Daten davon abzuleiten. Gerade bei der Wissenschaftlichkeit dieses Herangehens stellen sich oft Fragen. Ich jedenfalls wollte mehr wissen.

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, habe ich (GZS) mich mit Herman Bonner (HB), Kommunikationsspezialist von Firstbeat, unterhalten…

GZS: Die Trainingsführung auf der Suunto 3 Fitness verwendet das “verbessernde” Cardio Programm von Firstbeat, aber es gäbe doch auch ein “erhaltendes” und ein “stark verbesserndes” Programm für das Fitnesstraining.

Das alles ist also wirklich genau auf solche Personen ausgerichtet (wie es ja auch das Marketingmaterial sagt) die noch keine gute Fitness haben, keinen hohen VO2max (der als *das* Mass genutzt wird), dieses aber sanft verbessern wollen, richtig?

HB: Ja, die adaptive Trainingsführung, die auf der Suunto 3 Fitness geboten wird, geht davon aus, dass man seine kardiorespiratorische Fitness (aerobe Fitness, aerobe Fitnesskapazität), die in Form des VO2max gemessen werden kann, verbessern will.

In anderen Worten ist das die Maximalrate, mit der jemandes Körper Sauerstoff als Katalysator nutzen kann, um Nährstoffe in Energie umzuwandeln.

Man kann auch Trainingsaktivitäten verschreiben, mit denen der aktuelle Fitnesslevel erhalten oder eine schnelle Verbesserung der kardiorespiratorischen Fitness erzielt werden soll.

Der Einfachheit halber und auch, weil der Markt das als eine gute Idee zeigt, ist es aber die einfachste Lösung, einen einfachen, sicheren Weg zur Verbesserung seiner Fitness zu bieten.

Natürlich hält nichts einen davon ab, die Empfehlungen zu überschreiten und sich härter zu pushen.

Es gibt aber dieses bekannte Phänomen, dass Menschen am Anfang eines Trainingsprogramms gerne besonders hart trainieren, sich verausgaben und dadurch die Motivation, weiter zu machen, verlieren.

Wenn man also eine Anleitung bieten will, die längerfristig Verhaltensänderungen bewirken soll, dann ist es essentiell, dass man Leuten dabei hilft, sich am richtigen Level zu fordern.

Dazu muss man natürlich auch etwas über die aktuelle Fitness und den aktuellen Aktivitätslevel der Person wissen, weswegen die Messung des VO2max so eine wichtige Einsicht für personalisierte Trainingsführung bietet.

GZS: Dieser Schwerpunkt bedeutet aber zugleich, wie ich es bei mir gesehen habe, dass diese Trainingsführung für Athleten oder jedenfalls Personen mit hohem VO2max weniger nützlich sein wird?

HB: Bei kardiorespiratorischer Fitness, genau wie bei so vielen anderen Dingen im Leben, gilt, dass man sich umso härter fordern muss, umso besser man bereits ist, um noch weitere Fortschritte zu sehen.

Je niedriger der VO2max, wenn man mit dem Training (bzw. der adaptiven Trainingsführung) beginnt, umso leichter und eher wird man signifikante Fortschritte machen.

Zum Beispiel wird ein 27-jähriger Mann mit einem vergleichsweise niedrigen VO2max von 38 leichter zu einem VO2max von 42 kommen als jemand mit einem VO2max von 52 zu 56 kommen kann.

Das steckt hier schon dahinter und ist auch eine Art von Vorteil.

Eigentlich beantwortet sich die Frage fast schon von selbst.

Das Trainingsprogramm ist dafür designt, Fitness zu steigern – und diejenigen mit dem größten Verbesserungspotential können davon am meisten profitieren.

Natürlich gibt es Limits, die in das Programm eingebaut sind, wie zum Beispiel dass davon maximal 3-4 Workouts pro Woche angeboten werden. Wer also ernsthaft Ausdauersport betreibt, für einen Marathon, Triathlon oder ähnliches trainiert, der überschreitet die Parameter des Programms wahrscheinlich schon.

GZS: Das Problem für Leute mit bereits-hohem VO2max bzw. Fitnesslevel ist, dass der Plan diesen praktisch nur intensive Einheiten empfiehlt. Stellt sich für mich die Frage, welche Trainingsphilosophie Firstbeat denn eigentlich verfolgt. Fans von 80/20 Running scheint ihr ja nicht zu sein, eher schon von HIIT…

HB: Eine gute Frage, und es könnte es wert sein, einmal eine “Firstbeat Trainingsphilosophie” zusammenzustellen. Dann wiederum ist es wohl besser, man denkt sich das als ein System, Trainingsprinzipien unter Nutzung physiologischer Daten anzuwenden.

Wer zum Beispiel seine aerobe Leistungskapazität verbessern möchte, muss sich herausfordern.

Ist das Ziel, in einem Wettbewerb einer bestimmten Art erfolgreich zu sein, dann muss man natürlich die Elemente des relevanten Trainingsprogramms für das entsprechende Event in sein Training integrieren.

Ein Programm, dass darauf abzielt, kardiorespiratorische Fitness zu steigern, wird einen nicht automatisch darauf vorbereiten, einen Marathon zu laufen, 800 Meter im Sprint zu überwinden oder Basketball zu spielen.
Dafür braucht es zusätzliches Training mit einem Fokus auf den fundamentalen Elementen dieser Aktivitäten.

Lange, langsame Läufe können ein wichtiger Teil eines Trainingsprogramms sein, aber haben nicht die größte Auswirkung auf die Verbesserung der kardiorespiratorischen Fitness, zumindest von einem Effizienz-Standpunkt aus.

Es braucht wesentlich länger, um die selbe Menge an Störung der Homöostase von einem langsamen statt einem intensiveren Lauf zu haben–was ja auch die aktuelle Beliebtheit von HIIT-Training erklärt.

GZS: Wie ist das mit den “Ressourcen”, die die Suunto 3 Fitness anzeigt? Das scheint so ähnlich wie der “Readiness”-Wert, den manche Garmin-Uhren am Anfang einer Trainingseinheit anzeigen, aber doch etwas anderes – die S3F misst ja Ressourcen – Stress bzw. Erholung – während des ganzen Tages (wenn man das HR-Tracking über den Tagesverlauf aktiviert hat), richtig?

HB: Interessante Verbindung, du du da ziehst. Ich schätze, die Darstellungsweise ist ähnlich, aber der Hintergrund ist ein ganz anderer und nicht verwandter.

Ich denke, das Garmin-Feature, das du meinst, ist das Feedback über die “Performance Condition”, das tatsächlich eng mit der VO2max Berechnung zusammenhängt, indem es interne (vom Puls abgeleitete Intensitätslevels) mit externer (Geschwindigkeit bei Läufern oder Gehern oder Watt von einem Power Meter bei Radfahrern) Last vergleicht und diese Analyse mit einer historischen Baseline in Beziehung bringt.

 

Die Anzeige der Ressourcen zeigt einen Vergleich der Balance zwischen Vorhandensein und Ausmaß der Aktivierung des sympathischen bzw parasympathischen Teils des autonomen Nervensystems.

Physische Aktivität und Stressantworten (sympathisch-dominante Aktivität, Flucht-oder-Kampf) senken die körperlichen Ressourcen, Erholung, Schlaf – vor allem Schlaf – (dominant parasympathische Aktivität, Erholung und Verdauung) füllen die körperlichen Ressourcen wieder auf.

GZS: Dadurch, dass dies als Teil des ganztägigen HR-Tracking läuft, bekomme ich dafür auch für den ganzen Verlauf des Tages Werte – aber was sollen diese wirklich aussagen?

(Ich erkläre mir das gerade als HRV – Herzfrequenzvariabilität -, wobei geringe Variabilität bedeutet, dass das sympathische Nervensystem aktiver ist, der Körper also gestresst ist, während höhere HR-Variabilität bedeutet, dass das parasympathische Nervensystem aktiv ist, Ressourcen aufgebaut werden… Aber ist es das?

HB: Das ist eine gute Art, sich das vorzustellen. Es ist ein wenig wie ein Bankkonto, mit Einzahlungen und Behebungen, oder eine Batterie, die geladen bzw. entladen wird.

GZS: Und was ist der beste Nutzen, den man daraus wirklich ziehen kann? Zeigt das wirklich Erholung und Ausgeruhtsein, oder einfach Aktivität oder eigentlich bloss den Biorhythmus?

Ich würde vorschlagen, dass dieses Feedback einige besonders interessante Anwendungen hat.

Aus einer Trainingsperspektive eröffnet Training, wenn der Körper die notwendigen Ressourcen hat, die er braucht, um die geforderte Leistung zu erbringen, eine Chance, wirklich den besten Effekt daraus zu ziehen – besonders wenn es um wirklich fordernde Einheiten geht.

Es geht nicht nur darum, dass man sich irgendwie durchbeissen und das Training überleben kann, sondern um die Fähigkeit des Körpers, positiv zu reagieren, sich von der Anstrengung wieder zu erholen und sich als Resultat dieser Anstrengungen an sie anzupassen und für die nächste ähnliche Herausforderung besser vorbereitet zu sein.

Es gibt natürlich auch großartige Anwendungen für diese Art von Feedback im alltäglichen Leben.

Man kann damit etwa feststellen, ob die Erholung über Nacht ausreicht, um den täglichen Bedarf zu decken. Man kann womöglich abschätzen, wie verschiedene Routinen und Zeitpläne die Fähigkeit des Körpers, zurecht zu kommen, beeinflussen. Ich habe von zahlreichen Leuten gehört, welche durch diese Art von Feedback die Auswirkung von Krankheiten und Behandlungen erkennen konnten.

GZS: Und was will es mir sagen, wenn ich scheinbar nie über einen Wert von 48% komme?

HB: Ohne jetzt falsche Zurückhaltung zu üben: Solches Feedback zu interpretieren, ohne zu wissen, was du eigentlich machst, ist etwas schwierig.

GZS: Die dritte Funktion in der Suunto 3 Fitness, die von Firstbeat kommt, ist die Angabe der Schlafqualität… und hier ist das nicht nur “Tiefschlaf” = Ich habe mich nicht bewegt, wie es auch auf anderen Uhren angezeigt wird, sondern basiert auch wieder auf HRV-Messung im Verlauf der Nacht, richtig?

HB: Ja, Feedback über die Schlafqualität ist das Produkt einer Kombination von Daten zu Bewegung und HRV-Messung.

Historisch gesehen war Schlaftracking von Wearables nicht besonders aussagekräftig. Das kommt großteils daher, dass die meisten Geräte nur mit Akzelerometer/Bewegungsdaten gearbeitet haben, welche nicht unbedingt etwas über die Erholungswirkung des Schlafs aussagen.

Ein Extrembeispiel wäre, wenn jemand viel Alkohol zu sich nimmt und sich dann zum Schlafen niederlegt.

Die Person wird sich wahrscheinlich sehr wenig bewegen, wenn überhaupt. Aus der Perspektive von Bewegung sieht das vielleicht aus wie Tiefschlaf, der mit ausgezeichneter Schlafqualität assoziiert ist.

Betrachtet man allerdings die physiologischen Daten, dann sieht man eine signifikante Reduktion in der Erholungswirkung von Schlaf nach Alkoholkonsum. Hier wäre ein neuerer Artikel zu dem Thema: http://mental.jmir.org/2018/1/e23/ (Offenlegung: Daten wie auch manche der Autoren stammen von Firstbeat).

Es gibt unzählige Faktoren, die sich auf die Schlafqualität auswirken, darunter Ernährung, Timing von physischer Aktivität, individuelle Unterschiede…

GZS: Diese Messung der Schlafqualität funktioniert so ähnlich wie die Messung der “Ressourcen”, nicht?

HB: Ja, es ist im wesentlichen dieselbe Information, aber unterschiedlich segmentiert und berichtet.

Bedenkt man die entscheidende Rolle, die Schlaf in physiologischer Erholung und Adaptation spielt, so macht das Sinn. Logisch betrachtet ist die Möglichkeit, Schlafqualität zum Einblick in Erholung zu nutzen dasselbe wie die Möglichkeit, sich Workouts in Bezug auf Ihren physiologischen Impact anzusehen.

Es gibt natürlich ein konstantes Auf und Ab im Verlauf des Tages und der Nacht, aber diese sind die grossen Ereignisse, auf die man einen genaueren Blick wird werfen wollen.

Und das war’s mit diesem Blick auf die Firstbeat-Funktionen in der Suunto 3 Fitness. Ich teste gerade die “Lifestyle-Bewertung” von Firstbeat, etwas ähnliches aber noch wesentlich tiefer gehendes wie die “Ressourcen”-Feststellung der Suunto 3 Fitness.

Sehen wir mal, was bei all dem noch herauskommt.

Herzlichen Dank an Herman Bonner / Firstbeat für die Auskünfte!

Mehr über die Suunto 3 Fitness und ihre Funktionen von Firstbeat gibt es hier (nur auf Englisch); mehr über die Uhr allgemein von Suunto, hier.

2 responses

  1. Oosthuizen

    Will this be made available for other Suunto Spartan (Trainer) models as well?
    Thanks

    1. Would surprise me. I’m assuming that Suunto wants to create a nice product differentiation (and not pay Firstbeat for more licenses).

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